OTZ vom 27.03.2021: Jürgen Neupert im Porträt ⚽️

SV Moßbach - Immer am Ball!, 27.03.2021

OTZ vom 27.03.2021: Jürgen Neupert im Porträt ⚽️

Sehr gern teilen wir einen Artikel der OTZ, den Benjamin Schmutzler (Sportredakteur) verfasst hat:

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Rekordspieler aus Moßbach ist mit 65 Jahren als Bufdi im Einsatz

Auf 599 Pflichtspiele kam der Moßbacher Jürgen Neupert in seiner Laufbahn. Warum es nicht 600 geworden sind, ist kurios.

Der AC Mailand hatte Paolo Maldini, die Roma ihren Totti, bei Liverpool war es Stevie G und Charly Körbel für die Eintracht aus Frankfurt: Spieler, die beinahe ein ganzes Fußballerleben ihrem Herzensverein widmeten.

Auch der SV Moßbach hat so einen, den die Vereinsmitglieder überall nur „Jasche“ rufen. Jürgen Neupert reiht sich seit fast 50 Jahren ein in die Riege der Vereinstreuen. „Nur bei den Junioren spielte ich ein halbes Jahr in Schleiz, aber das zählt nicht“, sagt der heute 65-Jährige. Ansonsten galt für ihn das dorfeigene Motto: „aus Moßbach, für Moßbach“. Hier wuchs Jürgen Neupert auf, besuchte die Schule, wurde mit seiner großen Liebe Ursula glücklich, die er 1978 heiratete.

Die Eheleute sind stolze Eltern zweier Töchter und Großeltern von mittlerweile vier Enkelkindern. Eine Tochter lebt samt Familie ebenfalls in der 400-Seelen-Gemeinde, Enkel Lucas kickt für die Jugend des SVM.

Privat und sportlich schlägt Jürgen Neuperts Herz für die Heimat. Mit 17 Jahren wechselte der talentierte Mittelstreckenläufer von der Leichtathletik zum Fußball. „Als guter Athlet hieß es immer viel Training und Fahrerei nach Schleiz. Deswegen entschied ich mich für die entspanntere Variante.“

Also trat er als spritziger Mittelfeldakteur bei der damaligen BSG Traktor Moßbach ein – und bis heute nicht wieder aus. „Sollte ich einmal Ehrenmitglied werden, dann höre ich mit allem auf. Dann ist man zu alt“, scherzt der gelernte Werkzeugmacher. Als Aktiver war Neupert über Jahrzehnte Dreh- und Angelpunkt der ersten Männermannschaft, ordnete fast alles seinen Grün-Weißen unter.

Und der Vergleich mit den vorangestellten Weltklasse-Fußballern ist gar nicht so weit hergeholt – zumindest was die Anzahl der Pflichtspiele betrifft. 599 Mal lief die Nummer Sieben im Moßbacher Trikot auf, 199 Mal versenkte er den Ball im Netz. Dass es in beiden Statistiken nicht zum runden Jubiläum reichte, ist tragisch wie kurios zugleich: „2007 stand unsere Erste als Aufsteiger in die Kreisoberliga fest, beim letzten Saisonspiel gegen Orlatal sollte ich nochmals Auflaufen und irgendwie ein Tor machen.“

Doch es kam anders: „Die geplante Aufstiegsparty sollte auf unserem Sportplatz steigen. Ich bereitete bereits am Vormittag mit vor, als mir eine Bierbank auf den Fuß in der Sandale krachte.“ Aus war es mit dem Jubiläumsspiel und der Karriere. Diese Anekdote beschreibt wie kaum eine andere das Wesen von Jürgen Neupert: um den eigenen Erfolg gebracht, damit andere feiern können. Kurz nach der aktiven Laufbahn übernahm die Identifikationsfigur das Amt des Mannschaftsbetreuers. „Der Kontakt zu den Spielern macht einfach Spaß und hält mich jung.“

Als Zeugwart sorgt er bis heute für saubere Trikots, aufgepumpte Bälle sowie einen akkurat hergerichteten Platz. Er hegt und pflegt, bewirtet im Vereinslokal, schneidet die Hecke, mäht den Rasen: Während einer normalen Saison ist das Vorstandsmitglied bis zu sechs Tage in der Woche für den Fußball im Einsatz. „Wenn Vereinsfeste sind, können es auch sieben Tage sein“, sagt Neupert, der zu Fuß über einen Geheimweg etwa fünf Minuten vom Haus zur Sportanlage benötigt.

Seit Juni letzten Jahres ist Jürgen Neupert zudem Bufdi – der erste in der Moßbacher Vereinsgeschichte. „2018 hatten wir uns beim Landessportbund über die Möglichkeit des Bundesfreiwilligendienstes informiert und uns offiziell als Bufdi-Stelle angemeldet. Damals hatten wir einen Kandidaten, der dann aber nicht mehr wollte“, sagt Abteilungsleiter Jens Herzog.

In der Regel wird das Angebot des Bundesfreiwilligendienstes von jungen Menschen genutzt, die kurz vor dem Eintritt ins Berufsleben stehen und durch den Dienst ihre sozialen Kompetenzen erweitern können. Diese Kompetenzen hat Jürgen Neupert zur Genüge. Bei ihm war es eher eine symbolische Geste, wie es Jens Herzog ausführt: „Jürgen macht immens viel für den Verein, wird sehr geschätzt und ist beliebt. Als kleine Geste dafür haben wir ihn für die Stelle eingesetzt.“

Diese gleicht einem Arbeitsverhältnis, mit Zeiterfassung, Urlaubsanspruch, sozialen Absicherungen und Weiterbildungsseminaren. 50 Prozent des monatlichen „Taschengeldes“ übernimmt der Verein, den Rest der Bund. „Ich hätte meine Arbeiten und Aufgaben im Verein auch so weitergemacht. Aber ich wurde überredet und nun gibt es eben eine Extramark dazu“, sagt der Moßbacher Senioren-Bufdi.

Diesen Titel trägt er noch bis Ende August 2021, will bis dahin unter anderem bei der Entstehung der Socceranlage mitwirken. „Es wäre schön, wenn der SVM zukünftig weiterhin erfolgreich und mit möglichst vielen Eigengewächsen aufläuft“, so der Traum des heimatverbundenen Jürgen, aus dem irgendwann der Jasche wurde und der nur um Bierbank-Breite am 600sten Einsatz für den SV Moßbach vorbeischrammte.

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Quelle:OTZ/Benjamin Schmutzler (Bild und Text, siehe auch www.otz.de)