OTZ: Interessante Stimmen aus den Vereinen zum Saisonabbruch

SV Moßbach - Immer am Ball!, 22.04.2021

OTZ: Interessante Stimmen aus den Vereinen zum Saisonabbruch

Erneute Annullierung einer Saison: Die OTZ hat Stimmen aus regionalen Vereinen, die auf Landesebene vertreten sind, zum aktuellen Thema eingeholt. Und auch bezüglich der angedachten Vierer-Qualirunde zur Ermittlung eines Oberligaaufsteigers gefragt ...

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Gespaltene Gemütslage in Jena, Saale-Holzland und Saale-Orla

Zwischen Respektbekundung und Blutgrätsche – so sehen Vertreter aus der Region die Entscheidung des Thüringer Fußball-Verbands

Keine Überraschungen, dafür Klarheit; Kompromisse und Zustimmung, allerdings auch vermisste Alternativpläne – so gestaltet sich die Gemütslage im regionalen Amateurfußball nach der Verkündung des Thüringer Fußballverbandes (TFV) am Montag.

Annullierung aller Ligen in Land und Kreis mit Ausnahme bei Landes- und Kreispokalwettbewerben, keine Auf- oder Absteiger, ein festgelegtes Landespokalfinale FC Carl Zeiss Jena gegen ZFC Meuselwitz inklusive einer finanziellen Entschädigung der noch im Wettbewerb verbliebenen Vereine in Höhe von 2.000 Euro: So wurde es bereits seit Längerem diskutiert und letztlich mit großer Mehrheit abgenickt.

Knallende Sektkorken und Jubelarien wird es wohl dennoch nirgends geben – zu lang ist es her, dass man auf dem Spielfeld um Punkte ackerte, als es noch um Fußball in seiner Reinform ging.

Zum zweiten Mal in Folge wurde eine Saison vorzeitig beendet – wenn auch diesmal wesentlich strukturierter als noch in der vorherigen Spielzeit. Doch wie sehen es die hiesigen Vertreter aus den Amateurligen? Wir fragten im Raum Jena, Saale-Holzland und Saale-Orla-Kreis nach.

Roger Fritzsch, Trainer FSV Schleiz: „Ich wäre ein Lügner, wenn ich mich nicht über den Beschluss freuen würde. Generell sollte es aber ohne gespielte 50 Prozent keine Wertung geben. Ich denke an Vereine wie Carl Zeiss Jena 2 oder Nordhausen, die nach wenigen Spieltagen absteigen müssten. Mit dem Beschluss eines sportlichen Aufsteigers in die Oberliga hat der Verband allerdings ein richtiges Zeichen gesetzt. Das verdient Respekt. Aus meiner Sicht müssten die Teams zeitnah ins Training einsteigen können, sonst sehe ich für diese Qualifikationsrunde keine Chance.“

Johannes Liebmann, Trainer VfB Pößneck: „Es war absehbar. Ich hätte auch nichts davon gehalten, nach so langer Zeit nur vier Wochen Vorlaufzeit zu haben. Für alle Vereine mit Ambitionen nach oben ist es erneut ein Schlag ins Gesicht. Thüringenliga spielt eine Aufstiegsrunde und alle anderen schauen in die Röhre. Warum ist sowas nicht bis zur Kreisliga möglich? Um meine Jungs hätte ich mir keine Sorgen gemacht. Wir sind als Aufsteiger in der Landesklasse solide gestartet und hätten unsere Punkte geholt.“

Bernd Schneider, sportlicher Leiter VfR Bad Lobenstein: „Wir wollten um den Aufstieg mitspielen, hatten ein super Team zusammen und führten bis zum Saisonstopp die Tabelle der Landesklasse an. Zumindest hat von den Spielern bisher niemand die Segel gestrichen. Wichtig ist, bald wieder gegen andere Mannschaften vor einer zugelassenen Kulisse auf Torejagd gehen zu dürfen.“

Bert Rosenbusch, 1. Vorsitzender des SV Blau Weiß 90 Neustadt: „Wir hatten die Entscheidungen so erwartet. Was die Situation aber nicht besser macht. In der vergangenen Saison plädierten wir dafür, nicht abzubrechen, in der Befürchtung einer zweiten Welle. Der TFV brach dennoch ab. Nun hat sich unsere Befürchtung bewahrheitet. Eventuell hätte man es geschafft, zumindest eine komplette Saison zu beenden. Der Verband ist sicher nicht der Verursacher der Situation. Aber hier fehlte der Weitblick und der Fokus auf sportliche Fairness. Die Aufstiegsrunde begrüßen wir ausdrücklich und drücken den ehemaligen Ligakonkurrenten aus Schleiz die Daumen.“

Jens Herzog, Trainer SV Moßbach: „Wir befinden uns im Dauerzustand höherer Gewalt, ohne Planbarkeit und Perspektive. Ich war als Ligavertreter bei allen Videokonferenzen dabei. Der TFV hat immer auf Öffnung gehofft. Vermisst habe ich den Nachdruck, um gemeinsam mit dem LSB für die Sportvereine einzutreten. Der Sport ist ein wirksames Mittel in der Pandemie-Bekämpfung. Aber solange selbst Kindergärten und Schulen geschlossen sind, wird der Breitensport weiter ganz hinten stehen. Die Folgen werden dramatisch sein. Die Ignoranz gewählter Volksvertreter enttäuscht mich maßlos. Wir würden uns freuen, wenn zumindest der Trainingsbetrieb auf ein Minimum starten könnte. Über eine Aufstiegsrunde braucht man unter diesen Umständen nicht zu diskutieren. Nach nicht einmal einer Halbsaison hat keine Mannschaft ein sportliches Anrecht auf eine Liga höher.“

Thomas Hurt, Trainer BSG Chemie Kahla: „Der Saisonabbruch war die einzig richtige Entscheidung. Natürlich hätten wir es gern sportlich zu Ende gespielt. Bei den Infektionszahlen ist daran aber nicht zu denken. Für uns geht es in der nächsten Saison darum, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Ich bin als Trainer angetreten, um ein schlagkräftiges Team zu formen, das oben in der Tabelle mitspielt.“

Steffen Geisendorf, Trainer FC Thüringen Jena: „Wir sind jetzt über 400 Tage in diesem Dilemma, haben zwei komplette Meisterschaftsrunden unsportlich beendet. Im Thüringen- und Kreispokal gab es die nächsten Blutgrätschen. Meuselwitz und Carl Zeiss Jena werden mit Freilosen in ein Finale gehoben, um Geld zu verdienen. Das widerspricht zutiefst den Werten des Fußballsports. Wenn man eine Punktspielsaison beginnt, sollte man sie auch fortsetzen – und wenn es fünf Jahre dauert. Dann ist das halt so. Und wenn der DFB aus Thüringen einen Vertreter haben will, dann gibt es halt in diesem Jahr keinen, weil die Solidarität des fairen Wettbewerbs siegen sollte.“

Falk Werner, Trainer SV Schott Jena: „Die Entscheidung kommt nicht überraschend. Dennoch können wir derzeit kaum etwas planen, weil wir nicht wissen, wie es weitergehen wird.“

Daniel Sander, Trainer SV Jena-Zwätzen: „Die Saison zu annullieren, war leider die einzig richtige Entscheidung. Wir haben alle vor einem Jahr gehofft, dass es anders kommt. Nun müssen wir damit leben. Ich hoffe, dass wir irgendwann wieder so etwas wie Normalität im Amateur-Fußball erleben.“

Peter Dauel, Trainer FSV Grün-Weiß Stadtroda: „Das war die einzig sinnvolle Reaktion. Das Problem besteht für mich darin, die Motivation bei den Spielern aufrechtzuerhalten, denn fürs Erste gibt es kein konkretes Ziel. Ich hoffe, dass wir spätestens im Juli wieder in das Training einsteigen können.“

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https://www.otz.de/sport/gespaltene-gemuetslage-in-jena-saale-holzland-und-saale-orla-kreis-id232098063.html


Quelle:OTZ/Benjamin Schmutzler u.a. (Text, siehe Link)