Jens Herzog im Interview
Mario Streit, 05.08.2013

Nur noch wenige Tage sind es bis zum Saisonbeginn in der Kreisoberliga. Über die erfolgreiche zurückliegende Saison, das was sich seitdem in Moßbach getan hat und über die Erwartungen für die neue Spielserie gibt Spielertrainer Jens Herzog im OTZ-Interview Auskunft
Mit Platz vier die beste Saison seit dem Aufstieg und das bei zwei Trainerwechseln. Wie paßte das zusammen?
Wir konnten vor der abgelaufenen Saison sieben neue Spieler gewinnen und damit die sieben Abgänge mehr als kompensieren, da wir vor allem auf gute Charaktere Wert gelegt haben. Insofern hat sich die Struktur der Mannschaft enorm verbessert, wir sind intern einfach stärker geworden. Die gewachsene Stabilität war für mich ausschlaggebend, dass wir Ende September 2012 den Rücktritt von Cheftrainer Peter Dorn wider Erwarten gut weggesteckt haben. Wir starteten einen Wahnsinnslauf mit drei Unentschieden und acht Siegen in Serie – diese Phase war wie ein Selbstläufer und schon etwas unheimlich. In dieser Zeit musste ich – mangels Alternative – bereits die Rolle des spielenden Trainers einnehmen, da der offizielle Dorn-Nachfolger, Peter Hartig, aufgrund unterschiedlicher Gründe meist nicht anwesend war und somit auch nicht den engen Bezug bzw. die volle Identifikation zur Mannschaft aufbauen konnte.
Wie lautete der Schlüssel zum Erfolg?
Die menschlichen und sportlichen Verstärkungen vor der Saison, eine damit einhergehende Kaderbereinigung und eine breite Kaderbasis von 20 Mann waren für mich die wichtigsten Weichen. Bereits in der Vorbereitung waren unheimlich viel Harmonie und Homogenität im Team, der Teamgeist und die Kameradschaft entwickelten sich während der Saison immer stärker. Es stand also eine echte Truppe auf und neben dem Platz – und eine perfekte Mischung aus erfahrenen und jungen, talentierten Spielern, allesamt aus der nahen Region. Auch das bis in den Herbst hinein aus drei Personen bestehende Trainerteam war ein wichtiger Baustein. Zudem war die permanente Steigerung der Trainingsbeteiligung und -qualität für mich ein entscheidender Aspekt.
Was war das Highlight der Saison?
Ohne Frage der Erfolgslauf der 1. Halbserie mit Siegen bei den „Big-Five“ in Zwätzen, Camburg, Kahla, Jenapharm und Hermsdorf, wobei der 2:1-Auswärtssieg beim späteren Aufsteiger Zwätzen mit einer absoluten Notelf erfightet wurde – das war für alle Beteiligten Gänsehautfeeling. An dem Abend bebte der Kirmessaal entsprechend. Aber auch das perfekte Trainingslager in Bad Blankenburg sowie die generell gute Entwicklung in Bezug auf Konstanz, Nachhaltigkeit und Mannschaftsgeist sind für mich nicht nur sehr positive Erinnerungen, sondern auch Erfolge.
Was bleibt in negativer Erinnerung?
Das sind ganz klar die schweren Verletzungen und die damit verbundenen Einzelschicksale von Sandro Plietzsch (Hand- und Armbrüche, Ausfall über ein Dreivierteljahr), Robby Wieduwilt (Schien- und Wadenbeinbruch) und Tony Neundorf (Kreuzbandriss). Sportliche Mißerfolge geraten da absolut in den Hintergrund. Für uns Alle ist es Hobby und Spaß, leider gehören Verletzungen immer dazu. Im letzten Drittel der Saison hat uns es jedoch ziemlich stark erwischt.
In der Sommerpause drehte sich beim SVM das Spielerkarussell heftiger denn je. Keine leichte Aufgabe für den Trainer, oder?
Am 09.06.2013 der Unfall von Robby Wieduwilt, am 10.06.2013 die Diagnose von Tony Neundorf und am 14. 06.2013 die Wechselaussage von Jan Zeitler – das war für mich eine Woche wie unter Schock. Dazu die planbaren Abgänge von Daniel Streit und Martin Querengässer. Ich führte gezielte Gespräche mit jungen,talentierten Spielern aus der nahen Region, die zum einen menschliche Qualitäten mitbringen, zum anderen aber auch sportliches Entwicklungspotential – und den Wille, dieses beim SVM nach und nach zu fördern und zu verbessern. Am Ende war der Lohn der zeitintensiven und Kraft kostenden zweiten Junihälfte die Zusage von sechs neuen Akteuren und die Basis für eine kontinuierliche Entwicklung in den nächsten Jahren.
Sechs junge neue sollen drei gestandene Spieler ersetzen. Kann damit nahtlos an die erfolgreiche Saison angeknüpft werden?
Für mich sind es sieben gestandene Spieler, die dauerhaft (Streit, Zeitler, Querengässer, Herzog) oder temporär (Wieduwilt, Neundorf, Zölsmann) ersetzt werden müssen – das ist faktisch eine halbe Mannschaft. Das geht natürlich nicht von jetzt auf gleich, das braucht einfach Zeit und Geduld. Die meisten der neuen Spieler kommen aus der Kreisliga und müssen sich an das spielerische und athletische Niveau in der Kreisoberliga erst noch gewöhnen. Die Altersstruktur ist sehr niedrig, das Konzept ist auf zwei oder drei Jahre ausgelegt. Diese Saison wird deshalb für uns eine Findungs- und Konsolidierungsphase darstellen, in der wir einen gesicherten Mittelfeldplatz erreichen wollen.
Zum Saisonbeginn sind es nur noch wenige Tage. Ist das Herzog-Team fit für die Pflichtspiele?
Die Vorbereitungsphase war diesmal mit rund 4 Wochen sehr knapp bemessen, wir werden sicher noch den ganzen August benötigen, um physisch an die 100 Prozent heranzukommen. Die Trainingsbeteiligung war mit durchschnittlich 15 Mann sehr ordentlich, Einstellung und Intensität haben gestimmt. In den fünf Testspielen gab es Licht und Schatten, was meine These belegt: Wir müssen kleine Brötchen backen und uns von Woche zu Woche insbesondere über das Training weiterentwickeln.
Der Spielertrainer Jens Herzog stand bei den Tests nur an der Linie. Soll das künftig so bleiben?
Ich habe noch keinen Co-Trainer an meiner Seite, der Verein führt derzeit noch Gespräche. Deshalb habe ich es bisher vorgezogen, die Spiele von Außen zu begleiten. Ein Spiel zu lesen, zu lenken und zu leiten ist da natürlich unstrittig einfacher. Grundsätzlich will ich mich als Standby im Training fit halten, was für mich auch als körperlicher und mentaler Ausgleich sehr wichtig ist; aber ohne Assistent ist auch das nicht so einfach zu händeln.
Dabei war doch gerade auch der Libero Herzog ein Garant für den Erfolg? Gerade als Abwehrregisseur hat man doch das Spiel auch gut im Blick und kann die jungen Spieler dirigieren?
Der vierte Tabellenplatz war ein Erfolg aller Beteiligten, ich habe versucht, Erfahrung und Ehrgeiz einzubringen. Inzwischen bin ich 38 Jahre alt und brauche viel mehr körperliche Vor- und Nachbereitungszeit. Und ich kann mit Sicherheit nur eine Funktion zu 100 Prozent ausfüllen – entweder die als Spieler oder die als Trainer. Generell sollte die Rolle als Spielertrainer nur befristet gewesen sein, zudem will ich den jungen Spielern nicht unbedingt im Weg stehen.
Wie lauten die Ziele des SVM für die Saison?
Eine stetige Entwicklung in kleinen Schritten und den vor der letzten Saison eingeschlagenen Weg zielstrebig, konsequent und behutsam weitergehen. Wenn dabei am Ende ein gesicherter Mittelfeldplatz herauskommt, sind wir sehr zufrieden. Ferner wollen wir Teamgeist, Kameradschaft und Geschlossenheit weiter stärken und zu einer verschworenen Einheit zusammenwachsen. Hier haben sich alle neuen Spieler bereits hervorragend integriert.
Welche Teams werden um den Aufstieg kämpfen?
Topfavorit sind für mich die Jungs aus Camburg – taktisch, spielerisch und läuferisch besitzen sie schon Landesklasseniveau, an ihnen geht kein Weg vorbei. Sicher gehören auch die ambitionierten Teams aus Kahla, Jenapharm und Hermsdorf zum Favoritenkreis. Eine spielerische Qualitätssteigerung der Staffel wird durch die Verbandsligareserven von Stadtroda und Neustadt generiert, die m.E. eine gute Rolle einnehmen werden.
Auf welche Vergleiche freut sich Jens Herzog ganz besonders?
Jedes Spiel ist wichtig und hat seinen Stellenwert, wobei Derbys immer ihren besonderen Reiz haben. Zuschauermagneten dürften die Partien gegen die großen Nachbarn aus Schleiz und Neustadt werden. Aber auch die Spiele gegen die Teams aus dem Raum Jena sind für mich interessant, können wir uns hier doch auch spieltechnisch und -taktisch Einiges abschauen und dazulernen.
Du widmest dem SVM den Großteil deiner Freizeit. Warum? Was ist für Dich das Besondere an dem Verein?
Ich bin schon ein wenig fussballverrückt und bereits seit 32 Jahren mit Leib und Seele dabei. Es macht mir Spaß, mit jungen Leuten zu arbeiten – und bei all meinen Stationen habe ich dies stets mit sehr viel Herzblut getan. Nachdem ich nunmehr in die Trainerrolle mehr oder weniger hineingerutscht bin, nehme ich diese große Chance, die mir der Verein als jungen Trainer gibt, mit sehr viel Dankbarkeit und Motivation wahr. Besonders weiß ich das Vertrauen, die Bodenständigkeit, das solide und ruhige Wirken sowie die herzliche und harmonische Atmosphäre im Vereinsumfeld zu schätzen – und das vom ersten Tag meiner Zugehörigkeit an. Darauf können alle Beteiligten, allen voran der Präsident Dietmar Schott, zurecht stolz sein.