Seit 19.11.2021: 2G-Pflicht im Breitensport, auch im Freien! Zu dieser politischen Vorgabe, die seit gestern gilt, holte die hiesige Tageszeitung Meinungsbilder aus dem lokalen Fußball ein, und viele Verantwortliche sind sich mit ihrer Einschätzung einig. Inzwischen hat der Thüringer Fußball-Verband die vorzeitige Winterpause beschlossen, so dass der nächste Fußball-Lockdown (primär für alle ungeimpften Sportfreunde) verhängt wurde. Wie lange dieser geht, wird mit Sicherheit an der Impfquote hängen. Ob die 2G-Pflicht jedoch jemals wieder aufgehoben wird, ist aus unserer Sicht mehr als fraglich ? ... "Nachtigall, ick hör dir trapsen." ?
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Zwischen "richtiger Entscheidung" und "absoluter Katastrophe" - Autsch, der nächste Tiefschlag für den Amateur-Fußball. Das sagen Vereinsvertreter aus dem Saale-Orla-Kreis zur Entscheidung des Thüringer Fußballverbands.
Der Fußball im Freistaat ruht. Von Kreis- bis Verbandsliga, vom Nachwuchs- bis Erwachsenenbereich. Zumindest an diesem Wochenende komplett. Saisonabbruch, Verkürzung der Winterpause, Durchführungen unter 2G-Bestimmungen: All das will der Verband noch heute diskutieren. Hiesige Trainer und Funktionäre reagieren unterschiedlich auf die neuerlichen Entscheidungen von Thüringer Fußballverband (TFV) und Kreisfußballausschuss (KFA).
So befürwortet der VfR Bad Lobenstein die aktuelle Aussetzung des Spielbetriebs mit Blick auf die stetig steigenden Coronafallzahlen. Die Aufnahme oder Verbreitung des Virus' sei ansonsten nicht kontrollierbar. Wenngleich die 1. Mannschaft durchaus unter Einhaltung der 2G-Regelung den Spielbetrieb fortführen könnte, so Vorstandsmitglied Bernd Schneider. Es gelte nun, die Entscheidungen des TFV abzuwarten, wie mit der Saison fortgefahren werden soll.
Markus Kohl, Vorsitzender des FSV Remptendorf, sieht beim aktuellen Infektionsgeschehen keine Alternative. Die Verlegung der Spiele in 2022 entspanne zwar nicht den Terminplan, aber es könne vielleicht unter anderen Umständen gespielt werden.
Bedauerlich, aber richtig, schätzt Oppurgs Vorstandsvorsitzender Marc Blochberger die Lage ein. „Die Frage war nicht ob, sondern wann wieder unterbrochen wird. Eine Fortsetzung unter 2G würde Vereine, Mannschaften, Fans und Unterstützer noch weiter spalten. Der sportlich faire Wettbewerb wäre nicht mehr gegeben“, sagt er. Eine mögliche Fortsetzung im Frühjahr empfindet Blochberger aus Sicht des TSV Oppurg realistisch – es wären nur wenige Nachholspiele. „Allerdings sieht das bei Teams wie dem FSV Schleiz, bei denen wesentlich mehr Spiele anfallen, schon ganz anders aus“, ergänzt er.
Der Schleizer Cheftrainer Roger Fritzsch kann indes nur den Kopf schütteln: „Für mich alles nicht mehr nachvollziehbar. Es wird Fasching gefeiert, in der Bundesliga werden die Stadien bis unters Dach gefüllt und der Amateursport wird kurzerhand wieder dicht gemacht. Wo ist das Problem, vor den Spielen einfach zu testen?“
Bereits zum zweiten Mal muss das emotionsreiche Derby zwischen dem VfB Pößneck und dem SV Blau-Weiß Neustadt/Orla aufgrund Corona ausgesetzt werden. Dies schmerzt Neustadts Vorsitzenden Bert Rosenbusch besonders: „Wir sind sehr enttäuscht, dieses Spiel hat eine große Bedeutung für Spieler und Zuschauer. Es ist frustrierend, einem Teil unserer Mitglieder den Sport verwehren zu müssen. Mir fehlt etwas die Phantasie, wie es in der Saison noch weitergehen soll.“
Johannes Liebmann, Trainer beim VfB Pößneck, kann den Schritt nicht nachvollziehen. „Eine absolute Katastrophe. Macht für mich alles nur schlimmer, statt besser. Infektionszahlen im Freiluftsport sind verschwindend gering, für mich wird hier nur wieder ein Bauernopfer gesucht. Ich bin von der neuen Verordnung erschüttert.“ Als Lichtblick sieht der junge Trainer, dass zumindest im Nachwuchsbereich eine Fortführung des Spielbetriebs möglich scheint.
Ab sofort kein Training wird es beim SV Moßbach geben. „Die Hoffnung war vorhanden, bis zur Winterpause mit dem 3G-Modell im Freien durchzukommen. Wir stellen den Trainingsbetrieb ab sofort ein, da es unter mir keine Spaltung der Spieler geben wird. Jedes Mitglied hat die gleichen Rechte“, sagt SVM-Trainer Jens Herzog. Er spricht von einem „Knockout für den Breitensport“ und blickt äußerst skeptisch in die Zukunft: „Die Zwangspause wird wieder ewig gehen. Ein einheitliches Ziel für Sportler und Ehrenamtliche vermisse ich erneut. Es werden weitere Mitglieder verloren gehen und die Auswirkungen auf die heranwachsenden Generationen birgt jahrzehntelange Defizite. Wenn junge und gesunde Menschen keine Sportangebote wahrnehmen dürfen, dann läuft etwas nicht richtig.“
Bei allem Für und Wider sind sich die Vertreter in einem Punkt relativ einig: Von der Politik und dem Corona-Management für den Amateursport sind sie enttäuscht. Dort, an der Basis, fühlen sie sich im Stich gelassen. „Leider sind wir als Fußball-Gremien wieder die Prellböcke der Gesellschaft, schaffen uns den Unmut der Beteiligten an“, sagt KFA-Funktionärin Janina Geiler aus Oettersdorf. In ihren Augen habe es sich die Politik recht einfach gemacht: „Am Dienstag wurde ein Konzept vorgelegt mit der allgemeinen Maßgabe: Erwachsene raus, Nachwuchs weiter. Aber so einfach ist das an der Basis nun mal nicht.“
Geiler verweist auf viele ehrenamtliche Helfer, Schiedsrichter, Trainer, Übungsleiter, Eltern und Zuschauer, die allesamt die entsprechenden Auflagen erfüllen müssten. „Durch die komplette Aussetzung an diesem Wochenende können wir uns zumindest sammeln und überlegen, was Sinn macht und was nicht. Schließlich steht auch für den Nachwuchs die Hallensaison bevor, für die allerdings bisher fast niemand planen konnte“, sagt Janina Geiler.
Die Verantwortung werde nach unten abgegeben, sieht auch Marc Blochberger: „Die Politik versäumt es einmal mehr, das Infektionsrisiko bei Freiluftsportverstaltungen mit Weitblick zu bewerten und lässt die Funktionäre im Kreis allein.“
Mit einem spricht der leidenschaftliche Fußballer den meisten Beteiligten aus der Seele: „Es kotzt alle an. Spieler und Vereine sämtlicher Sportarten haben alles für den Wettbewerb getan, den Gängeleien getrotzt. Nur, um jetzt wieder in den Winterschlaf geschickt zu werden.“
An eine baldige Entspannung der Situation glaubt hier niemand. (Quelle: OTZ/Benjamin Schmutzler)
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