Ein paar Fragen zum Abschied
Mario Streit, 30.06.2013

Der SV Moßbach hat in diesem Jahr die stärkste Saison seit dem Aufstieg 2007 gespielt. Dennoch verlassen den Verein mit Martin Querengässer, Jan Zeitler und Daniel Streit drei absolute Leistungsträger. Der älteste der drei Spieler, Daniel Streit, mit 28 aber noch im besten Fußballeralter, will den Spagat zwischen Job und Fußball nicht mehr weiter betreiben. Er wohnt in München und arbeitet dort als Controller für die Verlagsgruppe Random House. Seinem großen Hobby Fußball will er künftig beim TSV Hofolding, bei dem er zuletzt schon sporadisch im Rahmen des Zweitspielrechtes aktiv war, nachgehen. Über seine Moßbach-Zeit und die Zukunft gibt er im nachfolgenden Interview Auskunft.
Mit 205 Spielen seit 2003 warst du einer der dienstältesten Spieler. Fällt der Abschied schwer?
Wenn man über einen längeren Zeitraum für einen Verein gespielt hat und damit so viele positive Erinnerungen verbindet, dann fällt der Abschied immer schwer. Deshalb habe ich auch viel Zeit gebraucht, diese Entscheidung zu treffen. Die Tatsache, dass das Team zum Zeitpunkt meines Abschieds sportlich so gut dasteht, macht es mir etwas leichter.
An welches Spiel erinnerst du dich besonders gerne zurück?
Da gibt es viele. In der letzten Saison war der 2:1-Sieg bei Jena-Zwätzen ein Höhepunkt. Mit einer Notelf angereist, haben wir dort beweisen können, dass mannschaftliche Geschlossenheit, Wille und Kampfstärke manchmal individuelle Klasse kompensieren können. Zudem denke ich gerne an den Pokalsieg 2007 gegen Hirschberg zurück. Nach dem gelungenen Aufstieg hatten wir schon vor dem Halbzeitpfiff zwei Platzverweise hinnehmen müssen und gewannen trotzdem am Ende 1:0. Echte Highlights waren auch immer wieder die Spiele gegen den FSV Schleiz, vor teilweise eindrucksvollen Zuschauerkulissen. Hier bin ich schon ein bisschen neidisch, dass meine Ex-Mannschaftskollegen wieder in den Genuss dieser Duelle kommen.
Negativhöhepunkte?
Leider haben wir auch in der vergangenen Saison schon sicher geglaubte Siege durch Unkonzentriertheit hergeschenkt. Ich denke da insbesondere an Ebersdorf und Einheit Jena. Insgesamt war die Zeit in Moßbach glücklicherweise recht erfolgreich, doch erinnere ich mich manchmal an ein Spiel aus meiner ersten Saison zurück: Wir wollten 2003/2004 unbedingt den Aufstieg in die Bezirksliga schaffen, hatten lange eine sehr gute Ausgangsposition, doch verloren wir dann im Frühjahr das richtungsweisende Spiel gegen den direkten Konkurrenten Gräfenwarth. Das war der erste Rückschlag im Trikot des SVM. Abschließend vielleicht noch ein persönlicher Negativhöhepunkt: In einem Derby gegen Oettersdorf vor ungefähr zwei Jahren hat mein individueller Fehler kurz vor Schluss die Oettersdorfer auf die Siegesstraße gebracht. Vielleicht muss man diese Erfahrung als Defensivspieler einmal gemacht haben, in dem Moment war es allerdings sehr bitter.
Wie schätzt du die sportliche Entwicklung in deiner Moßbacher Zeit ein?
Der Verein hat sich vom langjährigen Kreisligist zur festen Größe in der höheren Spielklasse, ob nun Bezirksliga, Regionalklasse oder Kreisoberliga genannt, entwickelt. Das alleine ist schon ein großer Erfolg! Zudem haben sich die Zielprioritäten in meinen Augen in die richtige Richtung verschoben: Standen anfangs kurzfristige sportliche Erfolge im Vordergrund, sind diese längst positiven langfristigen Entwicklungen gewichen. Das ist sicher der richtige Ansatz und es gibt dementsprechend viele sportliche Gründe für Spieler, sich dem SVM anzuschließen.
Was hat dich in all den Jahren am meisten gestört?
Über viele Jahre, und auch manchmal heute noch, habe ich mich an der Außenwahrnehmung des SV Moßbach gestört. Dass wir uns als Dorfverein da häufigen „Bauern“-Rufen ausgesetzt sehen, kann man sicher noch mit einem Schmunzeln quittieren. Ärgerlich wird es eher dann, wenn behauptet wird, dass Moßbach eine Art Retortenverein darstellt und Spieler anderer Vereine dies als Anlass für Fehlverhalten auf dem Spielfeld sehen. Insgesamt glaube ich aber, dass sich auch in diesem Bereich einiges verändert. In Moßbach wird nicht nur Fußball gespielt, sondern auch gelebt – das scheint langsam auch in den äußersten Ecken des Gebietes der KOL Jena-Saale-Orla anzukommen. Und mit Mistgabel habe ich bei uns auch noch niemanden am Spielfeldrand stehen sehen.
Worin siehst du den Hauptgrund für das erfolgreiche Abschneiden des SVM in dieser Saison?
Hier muss man schon bei der Kaderplanung vor der Saison ansetzen. Den Verantwortlichen ist ein wichtiger Spagat gelungen: Es wurden Spieler von hoher individueller Qualität geholt, die Kaderbreite sowie Altersstruktur insgesamt verbessert und auch die zwischenmenschliche Komponente ist bei der Wahl der Neuverpflichtungen nicht vernachlässigt worden. Somit konnte eine hohe Trainingsbeteiligung erzielt werden, einerseits weil es doch eine gewisse Konkurrenzsituation im Kader gab, andererseits aber auch, weil es einfach nur Spaß macht, mit diesen Jungs zu kicken und anschließend zusammenzusitzen. Die wichtigsten Zutaten für das erfolgreiche Abschneiden waren somit fußballerischer Ehrgeiz und mannschaftliche Geschlossenheit.
Bist du eher skeptisch, was die neue Saison angeht, wenn Leistungsträger wie Zeitler, Querengässer, der verletzte Wieduwilt und du selbst fehlen?
Nein, dafür sehe ich keinen Anlass. Wenn man die langfristige Entwicklung von Vereinen betrachtet, müssen immer Abgänge verkraftet werden. Neue Spieler können dabei natürlich helfen, außerdem gibt es junge Spieler im Verein, die noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung angekommen sind. Weiterhin darf man nicht vergessen, dass Leistungsträger wie Schaub, Lukes und Zölsmann auch schon fünf und mehr Jahre im Verein sind. Sie sind echte Identifikationsfiguren und zusammen mit den anderen Mittzwanzigern das Rückgrat des Teams. Was Robby betrifft, hoffe ich sehr, ihn bald wieder auf dem Spielfeld zu sehen. Es wäre sehr bitter, wenn ein Spieler seines Formats die Laufbahn so früh beenden würde.
Jens Herzog ist derzeit fast Mädchen für alles im Verein. Seine Fähigkeiten als Trainer hat er unter Beweis gestellt. Sollte er sich nicht auf das Traineramt beschränken?
Jens steckt viel Herzblut in die Entwicklung des Vereins und hat durch sein sportliches, organisatorisches und menschliches Engagement einen riesigen Anteil am Aufwärtstrend. Nichtsdestotrotz kann ich eine solche Empfehlung nicht aussprechen, diese Frage kann nur er selbst beantworten. Ich persönlich bin aber der Auffassung, dass man spielen sollte, solange der Spaß an der Sache gegeben ist. Ein eventuell zu frühes Laufbahnende kann schließlich nicht einfach in zehn Jahren nachgeholt werden.
Was erwartet dich bei deiner neuen Mannschaft, dem TSV Hofolding?
Der Fußball im Münchener Umland ist ein anderer. Es geht zwar körperlich und auch vom Tempo her vielleicht nicht so zur Sache, wie ich das vom SV Moßbach gewohnt bin, doch ist das technische Niveau auch in den niedrigeren Klassen dort sehr hoch. Ich selbst trainiere bereits seit längerer Zeit mit dem Team und habe mich somit auch bewusst dafür entschieden. Insgesamt hoffe ich, dort an die jüngsten Erfahrungen in Moßbach anknüpfen zu können: Motivierte Spieler und eine intakte Mannschaft auf und neben dem Platz – dann kommt der sportliche Erfolg von selbst.
Du wohnst am Rande von München. Für welchen Münchner Verein schlägt dein Herz?
Bei aller Wertschätzung für die internationale Anerkennung, die der FC Bayern der Bundesliga gebracht hat, ist es trotzdem ganz eindeutig der TSV 1860 München, für den mein Herz schlägt.
Du bist jetzt 28. Ist da nicht auch eine spätere Rückkehr denkbar?
Ich halte es grundsätzlich für unwahrscheinlich. Aber das Spannende am Leben ist ja, dass die Dinge häufig anders kommen als man denkt.
